Süddeutsche Zeitung: Sushi aus dem Supermarkt

In manchen Läden werden die Fisch-Reis-Röllchen frisch zubereitet, anderswo kommen sie aus dem Kühlregal. Welches Sushi schmeckt am besten? Sechs Produkte im Test

SZ Süddeutsche Zeitung, Wohnen & Genießen, 17.06.2023.

Die ursprüngliche Idee von Sushi stammt zwar vermutlich nicht aus Japan. Aber es waren definitiv die Japaner, die die Zubereitung von Fisch auf Reis über Jahrhunderte perfektionierten und in der ganzen Welt verbreiteten. Fisch-Reis-Röllchen sollen einst von den Bewohnern entlang des Mekong ersonnen worden sein. Ursprünglich war die Speise eher aus pragmatischen Gründen entstanden, um Fisch zu konservieren und ihn über Monate haltbar zu machen. Reis spielte dabei immer eine wichtige Rolle. Darin wurde der Fisch eingelegt und fermentiert. Im Laufe der Zeit entwickelte sich in Japan das Bedürfnis, den Fisch so frisch wie möglich zu verspeisen. So wie Sushi heute auf den Teller kommt, ist es aber erst seit dem 18. Jahrhundert üblich – mehr als 1000 Jahre nachdem Sushi erstmals in japanischen Dokumenten erwähnt wurde.

Hierzulande war der Genuss von rohem Fisch bis vor wenigen Jahrzehnten noch völlig abwegig. Mittlerweile gibt es in deutschen Städten so viele Sushi-Restaurants und -Imbisse, dass aus dem einst exotischen Gericht längst ein Lifestyle-Produkt geworden ist. Wer möchte, kann Sushi auch einfach im Supermarkt kaufen. Entweder aus dem Regal oder frisch zubereitet von Anbietern, die vor den Augen der Kunden die Ware zusammenstellen.

Doch hat das Sushi aus dem Supermarkt noch etwas mit dem japanischen Gericht zu tun? Normalerweise ist der Verzehr von Spitzen-Sushi eher kostspielig, da man für die sorgfältige Auswahl der Zutaten sowie für das filigrane Handwerk der Sushi-Köche bezahlt. Eine Ausbildung zum Sushi-Meister kann in Japan zehn Jahre in Anspruch nehmen. Gelehrt wird neben dem Handwerk auch die Philosophie und Kultur der Nation.

Die Süddeutsche Zeitung hat einem japanischen Experten sechs Sushi-Boxen zum Test vorgelegt. Das Ergebnis: Die Alternativen aus dem Supermarkt sind gar nicht so schlecht. Einer der größten Unterschiede liegt darin, dass in einem guten Sushi-Restaurant kalter Fisch auf wohltemperiertem Reis serviert wird. Im Supermarkt liegen die Boxen im Kühlfach. Für die Japaner eher gewöhnungsbedürftig ist auch die deutsche Vorliebe für den Lachs. In einer japanischen Spitzenlokalität ist dieser Fisch traditionell nicht Teil der Speisekarte. Hierzulande kommt fast keine Box ohne Lachs aus. Nicht selten ist er der einzige Fisch.

Ein weiterer Aspekt, der die Supermarktprodukte vom Restaurant-Sushi unterscheidet, ist die große Menge an Reis, die verwendet wird. „Das schmeckt dann immer ein bisschen wie ein Reisbällchen“, sagt Hiroshi Kase, Betreiber des japanischen Restaurants Tsubaki in Köln. Klassisch japanisch hat er die Hände zur Verkostung benutzt und bei seiner Beurteilung Frische und Geschmack der einzelnen Komponenten bewertet – und festgestellt: „Verhungern muss man nun wahrlich nicht. Dafür ist die Qualität der meisten Produkte einfach zu gut. Auch wenn sie mit der japanischen Tradition nur wenig zu tun haben.“

MARCEL GRZANNA

 

 

Das Unausgewogene

„Rein optisch ähneln viele Komponenten dieser Box dem Aldi-Produkt. Die Box hat auch das gleiche Gewicht, allerdings verteilt auf 16 statt 18 Happen. Auch hier gibt es California Rolls mit Frischkäse und Kräuterpanade. Andere Happen beinhalten gekochten Lachs, was für die japanische Küche unüblich ist. Geschmacklich ist das völlig in Ordnung. Das Lachs-Nigiri hat eine gute Qualität, auch weil der Reis sehr weich ist und ein sehr natürliches Aroma entfaltet. Das spricht für seine Frische. Der Anteil des Reises ist allerdings so hoch wie bei keinem anderen getesteten Produkt. Dadurch schaffen die Hersteller natürlich mehr Gewicht trotz geringeren Fischanteils. Das Missverhältnis macht bei Rolls aber nicht so viel aus. Beim Nigiri dagegen ist es schlicht zu viel Reis.“

Select & Go

Sushi Box Tokio-Style

Verfügbarkeit: Lidl

Preis: 6,49 Euro* (460g)

Beurteilung: 7 von 10 Punkten

 

Das Schmackhafte

„Diese Box ist ziemlich prall gefüllt mit insgesamt 18 Happen. Visuell irritiert mich aber erst einmal die Farbe. Besonders das Krebsfleischimitat wirkt auf mich sehr unnatürlich. Und der Lachs sieht etwas trocken aus. Aber in beiden Fällen muss ich sagen, dass sie als Nigiri durchaus lecker sind. Besonders das Lachs-Nigiri ist wirklich schmackhaft. Die California Rolls haben typische Merkmale, die so in Japan eigentlich kaum gegessen werden. Das ist einmal der Frischkäse und dann die Kräuterpanade. Aber abgesehen davon, dass das nicht sehr traditionell ist, haben diese Zutaten durchaus ihre Berechtigung. Auch der Reis gefällt mir ganz gut. Er hat einen angenehmen Essig-Geschmack, so wie es sein soll. Insgesamt bin ich trotz der optischen Mängel positiv überrascht.“

Snack Time

Family Box Sushi

Verfügbarkeit: Aldi Süd

Preis: 6,49 Euro* (460g)

Beurteilung: 7 von 10 Punkten

 

Das Frische

„Diese Box wurde im Supermarkt frisch produziert. Das macht sich natürlich im Preis bemerkbar, aber auch in der Optik. Die Farben sehen appetitlich aus. In Japan wird oftmals nachgeholfen mit einem Schuss Rapsöl beim Reiskochen. Das ist sehr typisch für Take-away-Boxen. Ein Schuss mehr Essig wäre hier angebracht. Aber die Frische macht einfach den Unterschied. Das Verzehren macht mehr Spaß als in den vorproduzierten Regal-Produkten. Die Auswahl der Zutaten sagt übrigens sehr viel aus über die Sushi-Vorlieben der deutschen Konsumenten. Die Box besteht fast ausschließlich aus Lachs – und ein bisschen Avocado. Wem das zusagt, der bekommt ein ordentliches Mittagessen.“

Sushi Circle

Sake Lunch Box

Verfügbarkeit: Kaufland

Preis: 11,99 Euro* (250g)

Beurteilung: 8 von 10 Punkten

 

Das Vielfältige

„Preislich muss man hier schon deutlich tiefer in die Tasche greifen. Aber die Portion ist auch mehr als doppelt so groß wie die von Sushi Circle. Sie bietet zudem ein buntes Bild, weil ein größeres Geschmacksspektrum angesprochen wird. Beispielsweise gibt es Thunfisch-Nigiri. Der Fisch hat keine Spitzenqualität, aber er ist auch nicht faserig und schmeckt gut. Sehr gut gefallen mir die Rollen mit Lachs, Surimi, Tofu, Avocado und Ei. Insgesamt wirkt das Menü sehr ausgeglichen und gelungen. Man sieht und schmeckt, dass hier Leute am Werk waren, die ihr Handwerk verstehen. Was mir besonders auffällt, ist der Fischanteil bei den Nigiri. Zwar wird wieder zu viel Reis verwendet. Aber die Größe des Fischs entspricht der Größe, die wir in unserem Restaurant anbieten. Das ist ein Qualitätsmerkmal. Dieses Produkt ist mein Testsieger.“

Eat Happy – Classic Box für Zwei

Verfügbarkeit: Marktkauf

Preis: 19,99 Euro* (584g)

Beurteilung: 9,5 von 10 Punkten

 

Das Günstige

„Zunächst einmal bietet der Inhalt der Box keinen besonders schönen Anblick. Das Sushi macht einen billigen Eindruck. Das Shrimp-Nigiri sieht etwas kümmerlich aus und sehr trocken. Es schmeckt aber zum Glück besser, als es aussieht. Das Lachs-Nigiri ist dagegen richtig frisch. Bei beiden aber wird zu viel Reis verwendet. Das Futomaki wird leider völlig von der Mayonnaise dominiert, die alles andere überlagert. Die California Roll ist auch nicht wirklich gut, aber immerhin dringt der Geschmack des gekochten Lachses durch. Das beste Stück in dieser Box ist für mich das Rettich-Hosomaki, bei dem die Rettich-Note tatsächlich deutlich zu identifizieren ist. Wer für sehr wenig Geld ein paar Happen mag, wird insgesamt nicht unzufrieden sein.“

Sushi4You

Sushi Box Takashi

Verfügbarkeit: Netto

Preis: 2,99 Euro* (190g)

Beurteilung: 5 von 10 Punkten

 

Das Sättigende

„Optisch ist die Box durchaus passabel. Die Farbe des Fischs sieht natürlich aus. Und der Lachs hinterlässt auch geschmacklich einen ordentlichen Eindruck bei mir. Mit 71 Prozent ist der Reisanteil relativ hoch, und im Vergleich zu anderen Produkten dominiert er auch ein bisschen zu viel den Geschmack, besonders bei den Rolls und den Makis. Das macht den Magen voll für knapp fünf Euro. Der Reis ist auch ein bisschen wachsartig. Da hat man eine Menge zu kauen. Immerhin ist der Essiggehalt in Ordnung. Aber mein Gesamturteil fällt schlechter aus. Von allen getesteten Boxen bekommt die hier die schwächste Note.“

Sushi&Food Factor

Premium Sushi Collection

Verfügbarkeit: Penny

Preis: 4,99 Euro* (355g)

Beurteilung: 4 von 10 Punkten

 

* = IM Handel ermittelter Preis

Illustration: Dirk Schmidt

 

Der Experte
Hiroshi Kase, 51, hat sein Handwerk bei der Sushi-Akademie in Tokio gelernt, wo er eine Ausbildung zum Sushi-Koch erfolgreich zertifiziert abschloss. 2013 zog er mit seiner Frau nach Deutschland und arbeitete zunächst im Düsseldorfer Restaurant Yasabe und später im Nikko in Köln als Sushi-Chef. Kurz vor Ausbruch der Corona-Pandemie eröffnete er sein eigenes Sushi-Restaurant Tsubaki in der Kölner Innenstadt, das sich großer Beliebtheit erfreut.

 

© Süddeutsche Zeitung GmbH, München. Mit freundlicher Genehmigung von Süddeutsche Zeitung Content

 

Zum Original-Artikel der Süddeutschen Zeitung mit Bildern von den verschiedenen Sushi-Boxen geht es hier.

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